Lebensstil – Grausamkeit und Gnade

Grausamkeit und Gnade liegen in ihren Prämissen sehr nahe beieinander. Diese Idee ist nicht von mir, schließlich ist sie schon Grundintention des Wechsels vom alten Testament des strafenden Gotts zum neuen Testament des gnädigen Gotts. Aber in diesem Hinblick sind Grausamkeit und Gnade sich ebenso ähnlich.

Grausamkeit ist in ihrem Wesen die bewusste Zuwiderhandlung gegen die aufklärerische Menschlichkeit. Bei der Grausamkeit geht es auch um die aktive Tat, welche nicht nur bewusst auf Menschenwürde verzichtet, sondern zusätzlich ein menschliches Verhalten, welches man sich selbst wie etwa bei einem kategorischen Imperativ wünscht, geradezu umkehrt. Nicht nur bei Krisen und Konflikten, Kriegs- und Wirtschaftsverbrechen ist Grausamkeit zu finden, sondern auch im sozialen Miteinander.

Die Gnade oder die Güte ist ein Grundprinzip der menschlichen oder eben göttlichen Größe. Es geht hier um die Menschlichkeit und sogar die Erhöhung dieses Prinzips. Die Gnade soll der aktive Akt sein, bei welchem der Mensch sich von seinen eigenen Belangen trennt und voll in dem Prinzip von Nächstenliebe aufgeht. Hier ist der gnädige Akteur immer auch menschlicher in seinem Verhalten als es das Tier Mensch sein könnte und hat sich damit tatsächlich über seine Natur erhoben.

Doch was Grausamkeit und Gnade mehr gemeinsam haben, als die Stellung im Gefüge von menschlichem Verhalten ist die Voraussetzung für beide Akte.

Sowohl Grausamkeit, als auch Gnade, bedürfen einer Machtstellung. Als schwächerer Part einer sozialen Beziehung kann man weder grausam noch gnädig sein. Die Gnade kann von Gott stammen und die Begnadigung vom Staatsoberhaupt eines Staates mit Gewaltmonopol, aber niemals kann jemand der die emotionale oder martiale Hegemonie inne hat ein aktives Bekenntnis zur Menschlichkeit machen.

Daher gibt es für mich zwei Erkenntnisse aus meiner eigenen Logik abzuleiten. Wenn jemand in seinem Leben tatsächlich danach trachtet gnädig oder grausam zu sein, dann gehört es dazu sich eine Machtbasis zu schaffen von welcher er aus handeln kann. Und final, dass jemand der über Menschlichkeit und einer Ethik, welcher er selbst folgen möchte, nachsinnt im Auge behalten muss, dass die aktive Tat und das Bewusstsein über diese Tat und ihre Stellung zwischen Grausamkeit und Gnade wichtiger sein kann, als der Gedanke und das Wort.




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