Sprachgebrauch – Dankbarkeit, Demut und Deutschrap

Ich wurde zuletzt mit der Aufforderung konfrontiert: “Sei doch mal dankbar.” Da Dankbarkeit ja Transitivität verlangt fragte ich wem und es hieß “Einfach so halt.” Ich bin also von zwei Ansätzen ausgegangen entweder ist Demut gemeint oder Bescheidenheit. Da es sich um eine Person handelte, die sich lyrisch und vom Sprachgebrauch her häufig im HipHop bewegt habe ich hierbei eine Beobachtung gemacht über Dankbarkeit und Demut.

Dankbarkeit wird anscheinend neben meinem ersten Ansatz von pragmatischer Dankbarkeit für eine bestimmte Handlung, Bereitschaft oder Geste häufig als spiritueller Akt verstanden. Es gibt sogar ein für mich missverständliches wikiHow zu Dankbar sein. Hier werden pragmatische Ansätze mit pauschalisierenden und demütigen nach meinem Verständnis in einen Topf geworfen.

Pragmatisch kann ich natürlich meinen Freunden für ihre Freundschaft und meiner Familie für ein familiäres Verhältnis dankbar sein. Ich sollte es allerdings auch nicht sein, wenn meine Freunde oder meine Familie scheiße sind. Das ist mir zu pauschal.

Dankbarkeit für Gesundheit und Natur ist ebenfalls schwierig mit dem Begriff Dankbarkeit zu beschreiben. Entweder danke ich einer übergeordneten Kraft dafür, dass mich der Blitz nicht getroffen hat, dann ist das Demut oder ich danke mir selbst dafür gesund zu leben und wandern zu gehen. Dies nenne ich Stolz.

Eigentlich ist ein Gegenteil von Stolz Bescheidenheit. Bescheidenheit ist aber fast immer negativ konnotiert. Bescheidenheit weißt häufig auf eine passive oder schwache Haltung hin. Demut mag ein eher religiöser Begriff sein, aber ist prinzipiell ein aktiver Stil.

Demut ist das Bewusstsein, dass Perfektion theologisch im Sinne von Göttlichkeit nicht erreicht werden kann. Es ist quasi das Bewusstsein nicht perfekt sein zu können und nicht alles ändern zu können. Die Zurückhaltung des eigenen Narzissmus ist theologisch eher in Dienerschaft gemünzt, aber kann philosophisch dazu führen, dass ein Individuum sich zufriedener in einer Gesellschaft bewegt. Hier DJ Tomekk dazu. Eine persönliche Zurücknahme, die zu einer Bindung innerhalb einer sozialen Gruppe beiträgt. Dafür ist das lyrische Ich dankbar, seine Grundhaltung ist Demut.

Das Sprichwort Gott sei Dank ist geradezu Ausdruck des Bewusstseins, dass man etwas nicht beeinflussen kann, aber es gut gelaufen ist. Man ist entweder einer übergeordneten Macht dankbar oder zufrieden demütig. Hier Sido dazu.

Die Thematik scheint sich an zwei wichtigen Punkten des HipHop zu manifestieren. Die beiden Varianten spiegelt eher die Authentizität also keep it real wider. Man nimmt sich also zurück aus Dankbarkeit zu seiner Gruppe und verrät dadurch nicht sein Selbst. Gleichzeitig hat man es zu Erfolg gebracht und ist dafür dankbar was also eine gewisse Demut verlangen kann um zufrieden zu sein.

Daher finde ich das Konzept der Verquickung von Dankbarkeit und Demut im Deutschrap gut getroffen.




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